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Politik

Ungarn lehnt Frauenschutzkonvention ab

5. Mai 2020

Das ungarische Parlament hat sich geweigert, die Istanbul-Konvention des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu ratifizieren. Weibliche Abgeordnete der Opposition sind empört.

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Ungarn Parlament in Budapest
Das Parlament in Budapest (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/A. Kisbenedek

Die Abgeordneten der regierenden Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban und des christdemokratischen Bündnispartners unterstützten eine Erklärung der Regierung, wonach die Übereinkunft "destruktive Gender-Ideologien" sowie "illegale Einwanderung" unterstütze. Das Dokument fordert die Regierung Orban auf, keine weiteren Schritte zur Anerkennung der Konvention zu setzen.

Die Konvention wurde 2011 vom Europarat ausgearbeitet und soll einen europaweiten Rechtsrahmen schaffen, um Frauen vor Gewalt zu schützen. Sie verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, jegliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie alle Formen häuslicher Gewalt als Verbrechen einzustufen und sich gegen die Diskriminierung von Frauen einzusetzen.

Das Dokument wurde 2014 von der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet, darunter auch von Ungarn. Doch wurde die Konvention bis heute dem Parlament in Budapest mit seinem extrem niedrigen Anteil an weiblichen Abgeordneten nicht zur Ratifizierung vorgelegt. Mit der aktuellen Resolution wird dieser Prozess aller Voraussicht nach weiter hinausgezögert.

Front gegen "Gender-Wahn"

Orban und seine Anhänger haben wiederholt einen „Gender-Wahn" kritisiert. Mittels einer Regierungsverordnung ist es den Universitäten beispielsweise untersagt worden, Studiengänge für Genderforschung anzubieten. In der Resolution von Dienstag heißt es unter anderem: "Wir haben das Recht, unser Land, unsere Kultur, unsere Gesetze, Traditionen und nationalen Werte zu verteidigen. Die Gender-Anschauung, die von der Überzeugung der (Bevölkerungs-)Mehrheit abweicht, darf dies nicht gefährden."

Die Fidesz argumentiert weiter, alle rechtlichen Garantien zum Schutz der Frauen vor häuslicher Gewalt seien bereits von den eigenen Gesetzen abgedeckt. Sie lehnt zudem alle Bezüge auf "Gender" in dem Text der Übereinkunft ab – ebenso wie die Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts verfolgt werden.

Der "ideologische Ansatz" der Konvention widerspreche Ungarns "Rechtsordnung und den Überzeugungen der Regierung", erklärte Lorinc Nacsa von den Christdemokraten, die hinter der Erklärung stehen.

Opposition protestiert

Weibliche Oppositionsabgeordnete hielten während der Parlamentssitzung Tafeln hoch, auf denen Zitate von zum Teil frauenfeindlichen Äußerungen standen, die von Abgeordneten des Regierungslagers aus früheren Parlamentssitzungen stammten. Vertreter der Opposition wiesen zudem darauf hin, dass die häusliche Gewalt gegen Frauen während der Corona-Pandemie weltweit zugenommen habe. Seit dem Amtsantritt im Jahr 2010 verfolgt Orban einen gesellschaftspolitisch zunehmen rigiden Kurs sowie eine harte Flüchtlingspolitik.

kle/qu (dpa, afp)